Bäume pflanzen gegen den Klimawandel

Wie sinnvoll ist das?

Inhaltsverzeichnis

Das Wichtige in der Übersicht:

  • Bäume zu pflanzen ist eine Methode, um CO2 aus der Luft zu speichern
  • Pflanzen haben mehrere positive Eigenschaften, weshalb in Städten und in der Landwirtschaft mehr Bäume bzw. Pflanzen stehen könnten (vielleicht lieber sollten statt könnten?)
  • Falsche Bäume an falschen Standorten können Ökosysteme zerstören
  • Ökosysteme können mehr CO2 binden als Baumplantagen
  • Das Pflanzen von Bäumen wird immer häufiger als Marketingmaßnahme verwendet und fällt vermehrt unter Greenwashing
  • Die Politik setzt vermehrt auf Monokulturen, darunter schnell wachsende Exoten, die klimaresistent sein sollen
  • Holzplantagen können den Klimawandel weiter vorantreiben und einen negativen Effekt auf die Bilanzen haben

 

Bäume als CO2-Speicher

Bäume sind die modernen Superhelden geworden. Sie zu pflanzen, um etwas gegen den Klimawandel zu tun, ist seit 2019 ein regelrechter Hype geworden.

Seit dem diese eine Studie veröffentlicht wurde die aussagt, dass wir 205 Gigatonnen CO2 nur durch Aufforstung aus unserer Luft saugen können, schießen Hilfsorganisation und Baumpflanzungsprojekte aus dem Boden. Damit könnten wir unglaubliche 2/3 des menschengemachten Treibhausgases CO2 wieder aus der Luft saugen und würden unser Klima wieder neutralisieren.

Selbstverständlich haben Bäume noch viele weitere unglaubliche Eigenschaften.
Sie produzieren aus CO2 und Wasser, Glukose und lagern somit den Kohlenstoff langfristig in Form von Zucker, Holz oder anderer Biomasse, ein. Nebenbei produzieren sie Sauerstoff als Abfallprodukt. Damit kann ein ausgewachsener Baum ca. 4-10 Menschen mit Sauerstoff versorgen.

Außerdem kühlen Pflanzen die Umgebung durch Transpiration, bei der sie Wasser über ihre Blätter abgeben. Dieser Effekt ist im Sommer in Städten sogar spürbar. Bepflanzte Straßen sind bis zu 5 Grad kühler. Durch den zusätzlichen Schatten, den Bäume geben können, beträgt der gefühlte Temperaturunterschied sogar über 10 Grad.

In einem gesunden Ökosystem sind die Bäume unter einander vernetzt. Ihre Wurzeln bilden zusammen mit Pilzen ein riesiges Netzwerk, wodurch sie Nährstoffe und Informationen austauschen können. Auch mit anderen Organismen scheinen sie zu interagieren. Ein urwaldähnlicher Mischwald hat genügend Bäume, wie zum Beispiel die Eiche, die mit ihren Wurzeln in sehr tiefe Regionen der Böden vordringen können. Damit haben sie bei Dürreperioden immer noch genug Wasser, denn es trocknen erst die oberen Bodenschichten aus. Das Wasser kann weiter zirkulieren, sodass die anderen Pflanzen ebenfalls mehr Wasser zur Verfügung haben. In so einem gesunden Wald wird die Feuchtigkeit besser gehalten und verteilt.

Bei Monokulturen hingegen, wie es bei Holzplantagen und schnell aufgeforsteten Fichtenwäldern der Fall ist, gibt es kaum unterschiedliche Arten, die sich gegenseitig unterstützen. Da die Fichte auch noch ein Flachwurzler ist und tiefe Erdschichten nicht erreicht, überleben diese Bäume Dürren meist nicht.

Indem ein Baum nach dem Fällen weiter verwendet wird, kann das CO2 in Form von Kohlenstoff, also Holz, gespeichert bleiben. Deshalb ist Holz eine gute und „nachhaltige“ Ressource. Mehrere Architekten bemühen sich gerade, Häuser und Hochhäuser wieder zu einem Großteil aus Holz herzustellen. So ist ein 27-stöckiges Hochhaus entstanden, welches zu 75% aus Holz besteht. Je mehr Holz in einem Gebäude verbaut ist, desto besser ist es für die Umwelt, da weniger Beton verwendet wird. Beton verbraucht bei der Herstellung sehr viel Energie und macht weltweit ca. 8% der gesamten Co2-Emissionen aus. Zum Vergleich, der Flugverkehr macht nur etwa 2,7% aus.

Damit Holz wirklich umweltfreundlich ist, muss der Wald nachhaltig bewirtschaftet werden. Nachhaltig bedeutet hierbei, dass für jeden gefällten mindestens ein neuer gepflanzt wird.

 

Studie in der Kritik

Der gut gemeinte Ansatz “mit Bäumen aus der Umweltkrise“ wird von einigen Experten kritisiert. Durch methodische Fehler soll die Fähigkeit von Bäumen CO2 zu speichern um das fünffache überschätzt worden sein. Beispielsweise wird in der Studie damit gerechnet, dass alle Böden auf denen keine Bäume stehen, kein CO2 speichern. Dabei können Savannen oder Torfmoore sogar mehr CO2 speichern als Gebiete, auf denen Bäume stehen.

Wichtig zu betonen ist, dass die Studie von 2019 ausgeht und die damaligen Weideflächen, die nicht benutzt werden als potenziell bepflanzbare Flächen mit eingerechnet wurden. Dabei werden die Weideflächen für Nutztiere kontinuierlich ausgeweitet, sodass freie potentiell bepflanzbare Flächen verloren gehen.

Einigen Forschern zu folge verleite diese Studie die Klimaproblematik zu verharmlosen und zu der Annahme mit der Pflanzung von Bäumen die eine wahre Lösung gefunden zu haben, was aber leider nicht stimmt. Bäume zu pflanzen ist nur ein Teil der komplexen Lösung. Zusätzlich müssen die Emissionen auf 0 reduziert werden und andere technologische Hilfsmittel (welche?)eingesetzt werden. Bäume haben theoretisch ein sehr hohes Potential, welches nur selten komplett ausgeschöpft wird.

Viele staatlich geförderten Programme sind sehr wirtschaftlich orientiert und könnten an dem Ziel „Bäume gegen Klimawandel“ vorbei schießen. Bei der Aufforstung werden oft keine Ökosysteme geschaffen, die voller Leben und verschiedensten Arten sind, sondern Holzplantagen. Diese Plantagen sind bei weitem nicht so effektiv in der Einlagerung von CO2 wie intakte Ökosysteme, denn die Ökosysteme haben viel mehr Arten und auf einem Kubikmeter gerechnet mehr Biomasse. Die unterschiedlichen Pflanzen unterstützen sich gegenseitig, sie geben sich Nährstoffe, schützen sich vor Stürmen und kommen besser mit Dürre klar. Intakte Wälder müssen nicht so intensiv bewirtschaftet werden und sind deshalb kostengünstiger.

Plantagen sind oft Monokulturen, die alle zur gleichen Zeit gepflanzt wurden. Sie entziehen dem Boden Nährstoffe und sind gegenüber fast allen Umweltfaktoren anfälliger. Es fehlen jüngere Bäume und Sträucher, die den Wind und das Schwanken der älteren Bäume mit abfedern können, somit sind Plantagen anfälliger gegenüber Sturmschäden.

Baumpflanzprojekte stehen in starker Kritik, denn wenn falsche Bäume an den falschen Orten gepflanzt werden, können Ökosysteme zerstört werden. Damit kann sich sogar die CO2 Bilanz verschlechtern und die Artenvielfalt zurück gehen.

Bei der intensiven Waldwirtschaft wird kein Totholz liegen gelassen, um die umliegenden Bäume nicht mit potenziellen Schädlingen oder Krankheiten anzustecken. Kurzfristig macht es Sinn, um den Schaden zu minimieren. Langfristig sorgt es dafür, dass die Böden immer weniger Nährstoffe beinhalten. Denn ein toter Baum wird langsam wieder in seine Bestandteile zersetzt und gibt damit wichtige Mineralien wieder an den Boden ab.

 

Klimawandel und der Mensch machen es schwer

Oft werden die Bäume zu früh gefällt, sodass sie ihre maximale Effektivität nicht erreichen oder die Bäume erliegen dem Klimawandel. Beispielsweise sind in dem Hitze im Jahr 2018 300 Millionen Jungbäume durch Dürre gestorben, wodurch jahrelange Arbeit der Wiederaufforstung vernichtet wurde.

Stehen Bäume in Monokulturen an den falschen Standorten, können sie sogar Waldbrände und Sturmschäden begünstigen und intakten Ökosystemen schaden.

 

Unterschätzt wird oft, dass alle Pflanzen CO2 abgeben und nur dann mehr Kohlenstoff aufnehmen und speichern, wenn alle Bedingungen gut bis optimal sind. Eine Pflanze braucht einen bestimmten Temperaturbereich, die richtige Sonnenintensität und genügend Wasser. Fehlt eine dieser Komponenten oder fällt eine aus dem Gleichgewicht, ist die Pflanze nicht mehr oder kaum in der Lage Photosynthese zu betreiben und kann damit kein CO2 aufnehmen. Die Photosynthese ist ein Stoffwechselvorgang, welcher der Energiegewinnung dient. Aus mehreren Wasser- und Kohlenstoffdioxidmolekühlen wird, mit Hilfe von Lichtenergie, Glukose hergestellt.

Das bedeutet, dass Nachts, wenn sowieso keine Sonne scheint, die Wälder Kohlenstoff abgeben. Andere Stressfaktoren, wie Wassermangel, führen ebenfalls dazu, dass die Pflanzen keine Glukose bilden können. So kommt es dazu, dass Wälder in Dürrezeiten, wie in dem Hitzejahr 2018, mehr CO2 abgaben, als aufnahmen.

 

Ökosysteme sind effektiver

Damit die Idee mit den Bäumen wirklich aufgeht, müssen wir aufhören weiter die wichtigen Wälder der Erde zu roden, um dort Futtermittel anzubauen. Es wird mehr gerodet als wieder aufgeforstet wird und es wird bei der Wiederaufforstung nicht immer an die Ökosysteme gedacht. Hauptsächlich roden wir Menschen die Regenwälder, welche nicht nur aus Bäumen bestehen, sondern auch aus einer unfassbaren Vielfalt an anderen kleineren Pflanzen. Diese Pflanzen werden oft vergessen.

Hinzukommt, dass beispielsweise der Regenwald in Brasilien zu 3/4 sein eigener Wasserkreislauf ist. Das bedeutet, dass der Wald durch die Transpiration des Wasser aus den Blättern, sein eigenen Wolken produziert und damit sein eigenes Wetter macht. Werden zu viele Bäume gefällt, kann das Wasser nicht mehr im gleichen Maß aufgenommen werden und  es versickert in zu tiefe Bodenschichten oder läuft einfach ab. Dadurch kommt es zu Wüstenbildung, die ab einer gewissen Menge an gerodeter Fläche nicht wieder rückgängig zu machen ist. Die vorhandenen Pflanzen reichen nicht mehr aus, um lokal ein eigenes Wetter zu erzeugen.

Die NASA hat einen faszinierenden Effekt beobachtet: Die Erde wird grüner. Das lässt erstmal vermuten, dass es damit auch dem Klima besser gehen muss. Es konnte sich anfangs nicht erklärt werden, wieso die Erde grüner wird, aber die Vegetation nicht im gleichen Maße mehr CO2 aufnehmen kann.

Zum einen begünstigt der Klimawandel das Wachstum von Pflanzen und sorgt dafür, dass gerade die nördlichen und südlichen Regionen, die sonst immer eingeschneit blieben, grüner werden. Zum anderen ist dieser Effekt aber nicht so stark und schnell, dass die gesamte Zunahme an Grünflächen damit erklärt werden kann.

Die Hauptursache ist die Landwirtschaft, die den Planten, zumindest von weitem, grüner macht. Steppen und Savannen werden in Ackerland verwandelt, welches grüner aussieht, aber nicht mehr CO2 speichern kann, als die natürlichen Ökosysteme. Palmölplantagen, Soja und Reis lassen die Landschaften nur grün wirken.

 

Greenwashing

Bäume pflanzen ist eine beliebte Marketingkampagne geworden und fast alle großen und kleinen Unternehmen machen mit. Dabei achten die wenigsten drauf Ökosysteme wiederherzustellen.

Selbstverständlich gibt es genug Unternehmen, die damit wirklich einen positiven Effekt ausüben und etwas gutes tun wollen. Auf der anderen Seite gibt es aber viele Firmen, die dadurch lediglich ihr Image aufpolieren.

Es ist Sinnlos sich mit 1 Million gepflanzten Bäumen zu rühmen, jährlich jedoch mehrere Millionen zu roden.

In der Politik wird das Pflanzen von Bäumen teilweise ebenso ausgenutzt. Die Intensivierung der Forstwirtschaft kann neue Monokulturen schaffen, die von klimaresistenteren Arten besiedelt werden. Da auf schnell wachsende Arten gesetzt wird, die viel Biomasse in kurzer Zeit produzieren soll. Damit gehen die Ökosysteme weiter verloren und das Auslaugen der Böden geht weiter. Dabei kann ein gesunder Urwald, der in Deutschland aus einem Buchen- und Eichenmischwald besteht, ebenso bewirtschaftet werden. Ein paar zusätzliche klimaresestentere Arten könnten unsere Wälder sogar positiv unterstützen.

 

Ausblick

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass es sinnvoll ist in bestimmten Regionen nur Bäume zu pflanzen. Neben den ländlichen Regionen haben vor allem Städte und die Landwirtschaft ein großes Potential Grünflächen zu schaffen. Zusätzliche Bäume, aber auch Anlagen, Dach- oder Wandbegrünungen helfen dem lokalen Klima, verbessern die Luft und sammeln CO2.

Kohlenstoff wird am effektivsten gespeichert, wenn Ökosysteme renaturieren werden, welche eine große Artenvielfalt haben und die meiste Biomasse produzieren können. Selbstverständlich ist Holz als Rohstoff eine umweltfreundliche Variante. Es ist jedoch eine Gratwanderung zwischen schnell und in Massen produziertem Holz, welches dem Klima schadet und nachhaltigem Holz ausgewachsener Bäume aus einem gesunden Ökosystem.

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